Personalauswahl per Algorithmus (2)

Bringt die Personalauswahl per Algorithmus wirklich bessere Ergebnisse als die Auswahl durch ein strukturiertes, von einem qualifizierten Personaler geführtes Interview? Zweifel sind angebracht.

Dosiert und fokussiert eingesetzt, haben Testsysteme ihren Sinn, das bestreite ich nicht. Auch liefern professionell erstellte Fragebögen bessere Ergebnisse als menschliches Bauchgefühl. Wer sie gießkannenartig verwenden und alle Unterlagen, die Raum für Individualität lassen, ersetzen möchte, wird aber niemanden begeistern. Diese Methoden werden kaum die beste Kandidatin oder den besten Kandidaten zutage fördern, sondern allenfalls geeignete Personen aus dem Pool derer herausfischen, die dieses Procedere durchlaufen haben. Und die eine gute Tagesform oder viel Testerfahrung mitbrachten!

Entlarvend ist übrigens ein Satz, den einer jener Wissenschaftler unlängst zum besten gab: Er rate von Masken zur freien Formulierung ab, denn deren Auswertung müsse wieder konventionell erfolgen, hier könne ein Algorithmus nicht helfen. Aha! Der Algorithmus ist zu dumm, die Personalentscheider sind es auch, also muss der kleinste gemeinsame (brauchbare?) Nenner herhalten. Von welchem Menschenbild wird hier ausgegangen, und zwar auch im Hinblick auf die Kultur der Unternehmen? Wird hier mit den berühmten Bananen geworfen, um dressierbare oder schon dressierte Affen zu bekommen?

Wenn es denn die Effizienz wirklich erfordert, sollten die Systemanbieter Algorithmen schlauer machen. Virtuelle, strukturierte und anonymisierte Vorstellungsgespräche mit realistischen kleinen Aufgaben etwa bieten eventuell brauchbare Selektionsansätze. Doch auch diese Lösungen funktionieren am bestem bei bestimmten Typen von Bewerbern und Unternehmen – das Silicon Valley lässt grüßen. Nur extrem begehrte Unternehmen können sich diese leisten.

Wer ein Anschreiben vorlegt, hat zumindest nachgedacht und liefert einen individuellen Baustein jenseits von Tagesform und eingeübten Tests. Übrigens: Xing und Linkedin halten das Feld „Portfolio“ und „Summary“ bereit. Was dort hineinkommt? Man könnte es eine Art integriertes Anschreiben nennen… Ich sage es ja, Individualitätsverzicht führt zur persönlichen und fachlichen Bankrotterklärung jedes Personalentscheiders, wenn er unwidersprochen bleibt. Er bleibt es hiermit nicht.

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